Spiel des Jahres 2011
Ein Freudenschrei hallt durch den Saal Emporio im Berliner Hotel Esplanade. Was sage ich, es sind derer gleich mehrere. Da spürt jeder der Anwesenden, wie die Anspannung bei den Preisträgern – vor allem den Vertretern des Siegerverlages – abfallen. Und schon liegen sich Gewinnerin und Gewinner glücklich in den Armen. Wer nun die nominierten Spiele parat hat, weiß welches Spiel gewonnen hat, da es sich ja um eine Siegerin handelt. Ich selbst kann mich nicht einmal daran erinnern, wann oder ob eine Autorin überhaupt jemals den Preis gewonnen hat. Doch 2006 gab es eine Mitautorin. Aber zurück zum Anfang.
27.06.2011: Spiel des Jahres – und wieder ist Fußballweltmeisterschaft. Allerdings die der Frauen. Das erste Spiel gegen Kanada konnte das deutsche Team für sich entscheiden und somit seiner Favoritenrolle gerecht werden. Immerhin sind die Fußballerinnen ja amtierende Weltmeisterinnen.
Und welche Spiele habe ich zu meinen diesjährigen Favoriten erkoren? Leider kenne ich von den Nominierten nur Die verbotene Insel und ehrlich gesagt traue ich dem Spiel den Gewinn nicht ganz zu. Und beim neu hinzugekommenen Preis „Kennerspiel des Jahres“ heißt mein Tipp: 7 Wonders. Das Versteigerungsspiel Strasbourg und das kämpferische Lancaster, beide kann ich mir als Gewinner nicht vorstellen. Und 7 Wonders war ja in Essen schon das Lieblingsspiel der Besucher.
Kennerspiel des Jahres ist der neue Preis. Anthrazitfarben ist der Pöppel, manchem mag er etwas düster erscheinen. Aber jetzt muss ich erst einmal aus dem Bus raus und dann rein ins Hotel. Huch, so viele Fernsehkameras schon vor dem Hotel?
Und das wegen der Preisverleihung? Oder doch nicht? Natürlich nicht, die Paparazzi warten auf die Fußballspielerinnen, denn das deutsche Team ist ebenfalls im Hotel Esplanade unterbracht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch Bernhard Löhlein, Sprecher der Jury, die Preisverleihung mit Worten über eine Begegnung mit der Torhüterin im Aufzug beginnt.
Und dann stellt Löhlein den neuen Vorsitzenden der Jury vor: Tom Felber, der sehr charmant mit einem leichten switzerdütschen Einschlag den Spiele-Jahrgang vorstellt.
Da es die 33. Verleihung sei, wurden dieses Mal drei mal drei Spiele nominiert. Sechs davon für die Berliner Verleihung, die anderen drei sind Kinderspiele und die dazugehörige Veranstaltung findet ja seit 2010 in Hamburg statt.
Dieser Jahrgang sei einer der stärksten der Dekade und mit der Einführung des Preises Kennerspiel werde auch das „Spiel des Jahres“ in neue Bahnen gelenkt, so Felber. Neuland sozusagen. Der Preis spreche eine neue Zielgruppe an, setze aber auch Leitplanken für die alte Auszeichnung. Somit sei das Profil für den roten Pöppel klarer definiert. Dabei solle der neue dem alten nicht die Show stellen, sondern eher den Bodyguard für die beiden bewährten Preise bilden.
Was ist nun das Besondere am „Kennerspiel des Jahres“? Die Regeln sind etwas umfangreicher und detaillierter, die Spieler müssen nicht nur die eigenen, sondern auch die Spielfiguren und Aktionen der anderen im Auge behalten, die Züge dauern länger und meist gibt es nach Spielende noch eine Schlusswertung. Erst dann steht der Sieger fest.
Für den ersten anthrazitfarbenen Pöppel wurden 7 Wonders, Lancaster und Strasbourg nominiert: Und gewonnen hat, was für mich keine große Überraschung ist: 7 Wonders. Laut Juryurteil bringt es ein positives Spielerlebnis rüber, hat einen schnellen Spielfluss inne, ist variantenreich und hat ein hohes Suchtpotenzial. Herzlichen Glückwunsch an Repos Production, an den Autor Antoine Bauza. Dieser weile derzeit auf der Suche nach neuen Spielideen in Südkorea, habe seinen Flieger verpasst habe und könne deshalb den Pöppel nicht selbst entgegennehmen, erklärt Cedrick Caumont, einer der beiden Gründer von Repos Production.
Es folgt eine kleine Umbaupause, denn der Papp-Pöppel mit dem Spiel des Jahres unter einem schwarzen Tuch muss ja auf der Bühne nach vorn geschoben werden. Die Entscheidung, welches Spiel gewonnen habe, sei am Vorabend gefallen, erklärt Löhlein, und die nominierten Spiele werden ebenfalls mit kleinen Filmeinspielern vorgestellt: Es sind das Legespiel Qwirkle, das Kooperationsspiel Die verbotene Insel und das Turmbauspiel Asara. Die Begründung der Jury: der Sieger Qwirkle sei ein generationsübergreifendes, schnelles und einfaches Spiel. Zur Bedeutung des Wortes Qwirkle wird Susan McKinley Ross gefragt: Es bedeutet so viel wie fremd, komisch, ein bisschen anders eben.
Kerstin Koch