Der noch kleine Mogel-Verlag mausert sich. Die sympathische Familie Loth, es sind zwei Generationen am Werk, veröffentlicht jetzt schon im dritten Jahr Kartenspiele. Das im Herbst vorgestellte BELRATTI erntete dabei höchste Weihen, wurde es doch bei unserer, der FAIRPLAY-SCOUTS während der Spiel 2018 sogleich auf Platz 1 gewählt. Ein Grund einmal genauer hinzuschauen.
Bei BELRATTI handelt es sich um ein kooperatives Kommunikationsspiel. Die Spielgruppe gewinnt oder verliert gemeinsam. In verschiedenen Rollen versuchen die Mitspieler einen imaginären Dritten auszutricksen. Ein Teil der Spielergruppe sind Museumsdirektoren, der andere Teil spielt Künstler, die ihre Gemälde dem Museum andienen und hoffen, dass diese vom Museum erworben werden. Crux dabei ist, dass der echte Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi alias „Belratti“ stets vier weitere Gemälde unter die Offerte mischt. Die Museumsdirektoren sollten diese Fälschungen nicht auswählen.
Im Spiel liegen 140 Bilderkarten in Patienceformat bei. Eigentlich sind das gar keine künstlerischen Gemälde, sondern lediglich Icons im Stile der zur Zeit so beliebten Emojis: Ein Ball, eine Blume, ein Kleidungsstück, uvm. Von dem dicken Stapel werden zwei zufällig offen in die Tischmitte gelegt. Sie geben Themen vor, zu denen das Museum neue Bilder ankaufen möchte. Die Direktoren können pro Runde neu bestimmen, ob sie drei, vier oder gar bis zu sieben neue Exponate erwerben möchten. Gemäß dieses Wunsches legen die Künstler von ihren Handkarten in Summe exakt so viele Karten in die Tischmitte. Es darf gesprochen werden, aber niemals konkret über die anzubietenden Bilder. Eher so: Ich hätte wohl zwei Karten, die ziemlich gut passen. Aber was ist passend? Die Antwort findet man nur über Assoziationen. Zum Ball passt vielleicht die Puppe, weil beides Spielzeug ist oder doch ein Schuh, der mit Fußball assoziiert werden kann? Die Museumsdirektoren müssen anschließend diese Gedanken nachvollziehen. Bei richtiger Zuordnung gibt es Pluspunkte. Zuvor aber, bevor die angebotenen Gemälde aufgedeckt werden, kommen noch Belrattis Fake-Pics in den Pool. Wenn nun bei der Auswahl diese Fälschungen gewählt werden, zählen sie Minuspunkte und schlussendlich entscheidet das Verhältnis von Plus und Minus über den gemeinsamen Spielsieg. Natürlich werden mehrere Runden gespielt, so dass die Rollenverteilung wechselt.
Darüber hinaus gibt es noch ein paar Bonuskarten, die sich stimmig ins Gefüge einpassen, bisweilen aber in ihrer Funktion verpuffen. Und das „Verpuffen“ ist dem Spiel leider auch generell anzulasten. Wie bei allen kommunikativen Spielen muss eine passende Runde am Spieltisch sitzen. Aber auch im richtigen Kreis gibt es leider Situationen, die schwer zu knacken sind. Das liegt an den Bildern. Wenn man partout keine Assoziationen zwischen Vorgaben und Antworten bilden kann, sowohl bei den anbietenden Künstlern, noch bei den auswählenden Direktoren, ist das Spiel ein blindes Raten ohne befriedigende Momente. Leider. Natürlich gibt es auch Spielsituationen, in denen die Idee des Zuordnens und Erkennens von Bildimpulsen funktioniert, aber viel zu häufig stochert man im Dunklen.
Auch weckt das thematische Versprechen, dass Museumsdirektoren künstlerische Neuschaffungen aussuchen, falsche Hoffnungen. Es wird lediglich mit einfachsten Bildchen gespielt. Das ist vielleicht der Grundidee förderlich, am Thema wird hier aber vorbei gespielt. Kurz: Bei uns hatte BELRATTI nicht den zündenden Spielspaß ausgelöst, wie er durch Vorschusslorbeeren auf den Spieltagen nahegelegt wurde. (pen)
Michael Loth: BELRATTI für 3 – 7 Personen mit Illustration von bei Mogel-Verlag 2018, Spieldauer 20 – 45 Minuten
Fairplay 126 – Fast Food: BELRATTI
Fairplay-Scouts: 31 Nennungen; 4,0 Sterne
Thema: Als Maler und Museumsdirektor treten die Spieler in den Wettstreit mit BELRATTI, den Kunstfälscher. Eine Gruppe malt, eine agiert als Direktor. Der dem echten Fälscher Wolfgang Beltracchi nachempfundene BELRATTI wird durch den Kartenstapel repräsentiert.
Optik: Sehr einfach gehalten sind auf den Bildkarten alltägliche Gegenstände abgebildet. Die Rollenkarten zeigen die Eule als Künstler, eine Katze als Museumsdirektor und eben BELRATTI als großen Nager.
Mechanik: Zwei zufällig aufgedeckte Karten bilden die zwei Themen für die kommende Ausstellung. Das Direktorenteam berät, wie viele Kunstwerke sie anfordern. Zwei bis sieben Bilder sollen ausgestellt werden, vier Fälschungen von BELRATTI kommen auf jeden Fall zufällig vom Stapel ins Spiel. Die Maler einigen sich, wer wie viele Karten beisteuert, um die geforderte Zahl zu liefern. Freilich dürfen sie nicht über Motive sprechen, jedoch andeuten, ob ihre Bilder besser, mäßig oder nur schlecht zu den gestellten Themen passen. Nachdem alle Kunstwerke von Spielern und Fälscher verdeckt gemischt und dann aufgedeckt wurden, entscheiden die Direktoren, welches Bild zu welchem der beiden Themen von den beauftragen Malern stammen. Jedes richtig zugeordnete Bild zählt einen Punkt für die Spieler, jedes von BELRATTI aufgenommene Gemälde einen Punkt für den Fälscher. Sobald BELRATTI sechs Punkte erzielt hat, endet das Spiel. Ist es den Spielern gelungen, 15 oder mehr Punkte mit ihren Gemälden zu erzielen? Dann gewinnen sie als Team – sonst hat BELRATTI sie überlistet.
Potenzial: Die Spielidee ist einfach und erscheint nicht sonderlich originell. Bilder haben wir schon bei DIXIT eingeschätzt, der Stapel spielte schon bei WIE ICH DIE WELT SEHE eine wichtige Rolle, und sicher lassen sich Erinnerungen an weitere Spiele anführen. Der wesentliche Faktor ist: BELRATTI macht einfach Spaß! Die Reduktion auf eher alltägliche Gegenstände mag zwar dem Thema Kunst nicht allzu viel Rechnung tragen, funktioniert aber bestens. Abwechselnd schwitzen die Maler und die Direktoren, während die jeweils anderen tunlichst den Mund halten müssen. Und sogar außenstehende Zuschauer können mitfiebern, wie wir beim öffentlichen Spieletreff gegen Ende des Abends erleben durften.
BELRATTI hat es als kleines Spiel auf unserer Fairplay-Scoutliste nach ganz oben geschafft. Ich bin froh darüber, denn sonst hätte ich dieses unterhaltsame Spiel vielleicht nicht kennen gelernt, das sich zudem hervorragend auch für die sonst selten mit Spielen bedachten Gruppengröße von sieben Personen eignet. (kn)