Planetares Polyomino Puzzeln
Es gibt ein paar klassische, immer wiederkehrende Spieleinkleidungen. In Fantasy-Geschichten: Der König ist tot, ein Nachfolger wird gesucht. Im Abenteuer-Modus: Ein fernes Ziel muss in einem Wettlauf erreicht werden. Im Sci-Fi-Genre: Ein neu entdeckter Planet muss erschlossen und besiedelt werden.
In diese ach so wenig originellen Spielthemen passt sich PLANET UNKNOWN nahtlos ein. Mal wieder ist die Menschheit in endlose Weiten vorgedrungen. Dort sind gleich mehrere unentdeckte Planeten aufgereiht. Jeder Mitspieler landet auf einem dieser Gestirne. Und oh Wunder, bis auf ein paar Wasserressourcen ist alles wüst und leer. Jetzt geht es frisch ans Werk. In Konkurrenz versucht jeder seinen Planeten schnell und effizient auszubauen.
Wie so häufig in jüngerer Vergangenheit, rangeln alle Spieler um gute Bauelemente in der Tischmitte, legen dann diese auf die eigene Ablagefläche, den Planeten, und puzzeln so im Wettstreit um ein gutes Gelingen. Alle sind gleichzeitig am Zug, weshalb es kaum Wartezeiten gibt. Auch diese Vorgehensweise ist nicht sonderlich originell, so dass Mechanismus und Thema erst einmal nicht begeistern. Alles ist so oder ähnlich schon ein paar Mal dagewesen.
Was dann aber geschieht, funktioniert, sogar prächtig, so dass ein feines Spielvergnügen generiert wird.
In der Tischmitte befindet sich ein drehbarer Teller mit den Legeteilen, die den Planeten bevölkern. Der aktive Spieler bewegt diese Scheibe so, dass er ein Plättchen seiner Wahl bekommt. Es gibt immer eine Auswahl aus zwei unterschiedlich großen Pentominos. Aber auch alle anderen bekommen ein Segment des Tellers zugeordnet, so dass für jeden der Zugriff auf zwei Legeplättchen möglich ist. Die Legeteile werden in das Raster des eigenen Planetentableaus eingefügt. Einmal angefangen, zunächst immer benachbart. Für komplettierte Reihen und Spalten gibt es Punkte. Kaum wird es gelingen, alles komplett auszufüllen, so dass sich hier Punktdifferenzen ergeben werden.
Dazu gesellt sich eine zweite Ebene. Jedes Legeteil besteht aus zwei Farben, die für unterschiedliche Ressourcen stehen, beispielsweise Blau für Wasser und Grün für Biomasse. Auf dem eigenen Konzerntableau darf für jede gelegte Farbe ein Marker fortschreiten. Auch auf diesen Tabellen werden Punkte für die Endrechnung erreicht. Je weiter der Marker vorgezogen ist, um so mehr. Außerdem gibt es auf diesen Leisten manche Vorteile und Boni, die en passant mitgenommen werden. Es existieren auch Mali. Gelegentlich schlägt ein Meteorit ein, der Einschränkung bedeutet. Und natürlich hat jede Ressource ihre eigenen Bedingungen. Die schon erwähnten Wasser-Elemente zählen nur dann auf dem Fortschritts-Tableau, wenn sie auch wirklich auf den kartographierten Wasserflächen abgelegt werden. Bei den roten Rover-Elementen ist es so, dass Mondfahrzeuge auf den Trabanten gesetzt werden und sich bewegen, um Rettungskapseln und Meteoriten einzusammeln, die einerseits Punkte erzielen und andererseits auch deshalb geräumt werden sollten, weil sie die Ausbreitung neuer Legeplättchen be- oder gar verhindern.
Einen besonderen Clou stellen die Bevölkerungs-Einheiten auf den schwarzen Legeplättchen dar. Auf der korrespondieren Tabelle geht es nicht nur um Punkte, sondern auch um einen Wettlauf mit allen anderen Mitspielern. Wer Zwischenziele erreicht, bekommt ein Vorteilskärtchen. Je früher ein Spieler zu diesem Punkt gelangt, wird er sich das beste Kärtchen schnappen. Es kommt also auf Geschwindigkeit an. Wie häufig schwarze Legeplättchen genommen werden können, ist allerdings zufallsabhängig. Nicht immer stehen welche in der Nimm-Phase zur Auswahl. Die graue Technologie-Leiste sollte ebenfalls früh bespielt werden. Hier werden dauerhaft Vorteile freigeschaltet, dass bspw. neue Plättchen frei und nicht angrenzend gelegt werden dürfen.
Schließlich werden zu Spielbeginn noch Nachbarschaftskärtchen neben je zwei Spieler gelegt. Diese lösen ein Gerangel zwischen den Sitznachbarn aus. Zu zweit kämpft jeder um eine bessere Position, z.B. die meisten Flächen für Biomasse, also grüne Legeplättchen, arrangiert zu haben. Der Gewinner schöpft noch einmal ein paar Siegpunkte ab und das u.U. in beide Richtungen, also nach links und rechts. Bei diesem Nachbarschafts-Gerangel liegt allerdings der einzige Wermutstropfen im Gesamtgefüge. Manche Kärtchen belohnen denjenigen, der auf einer Leiste am wenigsten fortgeschritten ist. Die dadurch zu erzielenden Pluspunkte kompensieren aber keinesfalls die durch langsames Vorangehen verpassten Boni. Da es zum Glück genügend viele dieser Nachbarschaftskärtchen gibt, sollten die Negativ-Aufgaben zu Spielbeginn aussortiert werden.
Trotz aller, wie zu Beginn notierten fehlenden Innovation, funktioniert das Spiel in seiner Gesamtheit und geschickten Komposition vorzüglich. Das liegt vor allem an den zwei Ebenen, die im Blick bleiben müssen: Ausbau des Planeten und Fortschritt auf dem Entwicklungstableau. Da auch stets jeder ins Geschehen involviert ist, kommt keine Wartezeit auf. Allerdings besteht die Gefahr, und es ist durchaus regelkonform, dass ein Spieler bei der Ausrichtung des Drehtellers in der Nimm-Phase die Möglichkeiten der Mitspieler analysieren möchte, um ihnen keinen Vorteil zu gönnen. Bitte so nicht spielen, denn dann wächst die Downtime, die keiner will! Mancher kritisiert, dass PU lediglich ein solitäres Puzzeln ist, jeder spielt für sich allein. Das ist durch die Nimm-Phase und die Nachbarschaftsaufgaben aber keinesfalls so. Hier bestimmt echtes Konkurrieren das Geschehen.
Das Spiel sieht gelungen aus. Vor allem gefällt, dass neben dem Auslegen von Plättchen Rover-Fahrzeuge über den Plan rollen und ihren Zweck erfüllen. Das macht die Aufgabe nicht nur verzwickt, sondern ebenfalls spielerisch. PLANET UNKNOWN ist eine echte Empfehlung für anspruchsvolles Spiel, zumal etliche Module das Grundspiel noch erweitern, was Varianz in den Ablauf bringt. Aus meiner Sicht ist das aber nicht notwendig.
Peter Neugebauer
Ryan Lambert und Adam Rehberg: PLANET UNKNOWN für 1 – 6 Personen ab 10 Jahren mit Illustration von Yoma bei Strohmann Games 2023, Spieldauer 60 – 80 Minuten, Made in China
Der Drehteller mit den 144 Legeplättchen hat leider keine Abdeckung. So ist es unvermeidbar, dass die Legeteile nicht gebündelt werden und beim Transport der Box im Schachtelboden herumfliegen. Da kann Abhilfe geschaffen werden. Wir haben den Plättchenhalter mit einer dieser Einmal-Duschhauben abgedeckt, wie man sie in Badezimmern von Hotels findet. Zwar erfüllt diese Deckelung nicht zu 100 % ihre Aufgabe, aber es bleibt doch wesentlich aufgeräumter im Karton, als ohne diesen Modifizierung. (pen)
Dieser Text erschien in der 144. Ausgabe des Fairplay Magazins. Unterstützen Sie unsere Arbeit: Abonnieren Sie das gedruckte Magazin oder bestellen Sie das einzelne Heft.