Aus Fairplay 80:
Vor 5 Jahren: 20 Jahre Fairplay
Leute wie die Zeit vergeht
Ui, das ging aber schnell. Es ist doch erst ein paar Jahre her, dass wir an Rolfs Küchentisch saßen und unserer Spielrunde über die, teilweise grotesken, Schwierigkeiten berichteten, die Rolf und ich als Mitarbeiter der Spielkunde Information hatten. Ich weiß gar nicht mehr wer an dem Abend zuerst auf die Idee kam, ein eigenes Magazin zu gründen. Auf jeden Fall wurde an dem Abend nicht gespielt, sondern voller Begeisterung geplant. Es gibt sogar noch ein Protokoll dieser ersten, spontanen Redaktionssitzung des neuen Magazins SPIEL-ZEIT. Den Namen haben wir ja dann noch geändert. An den Grund für diese Änderung kann ich mich nicht mehr erinnern, vermutlich weil FAIRPLAY so viel besser zu uns passt. Und sogar Redaktionsräume hatten wir schon im Blick. Da war doch noch der ungenutzte Raum auf Rolfs Dachboden…
Vorsprung durch Technik
So ganz stimmt diese Überschrift nicht, denn wir kannten selbstverständlich keine besonderen Techniken. Aber wir hatten mit Andreas Mutschke einen Drucker an Bord, der alle Möglichkeiten der Produktion kannte. Und so konnten wir uns mit Din A4-Format, Klebebindung und Softcover zumindest optisch sofort von der Konkurrenz absetzen.
Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, aber unsere Produktionsmethoden waren vermutlich auch schon damals antiquiert. Zuerst druckten wir die Texte als lange Streifen mit unserem Nadeldrucker aus. Dann wurde das ganze Team zusammengetrommelt und mit Kleber und Schere bewaffnet. In einer ausgedehnten Bastelaktion wurden diese Texte auf Formatblätter geklebt und mit Überschriften und Grafiken versehen. Der ungeschickteste Bastler durfte währenddessen unseren blitzschnellen Redaktions-PC (sprich Rolfs PC) bedienen, denn es fehlte immer irgendetwas, das mit unseren professionellen elektronischen Geräten (ich sage nur Handscanner) beschafft werden musste. Nach Abschluss der Bastelstunden gingen die fertigen Vorlagen zur Druckerei. Im Schnelldruckverfahren konnten von so einer Papiervorlage bis zu 1000 Blätter gedruckt werden. Aber so viele Hefte brauchten wir damals noch nicht. Unsere erste Auflage umfasste stolze 350 Stück.
Nach einigen Tagen durften wir die gedruckten Seiten abholen. Wieder wurde das Team zusammengetrommelt. Diesmal stand Sport auf dem Programm. Jeder schnappte sich einen Stapel Seiten, ein Rundkurs wurde festgelegt und die Seiten schön sorgfältig in der passenden Reihenfolge zusammengelegt. Diese Blätter gingen dann wieder zur Druckerei, und noch einige Tage später waren wir die stolzen Besitzer einer fertigen Ausgabe. Mit der allerersten Nummer sind wir zu den Spieltagen nach Essen gefahren, später traf sich das Team noch ein drittes Mal, um die Hefte an unsere Abonnenten zu verschicken.
Heute arbeiten auch wir ein wenig effizienter. Dank Desktop-Publishing und elektronischem Datenverkehr kann eine Ausgabe entstehen, ohne dass ein Redakteur seinen heimischen Arbeitsplatz verlassen muss. Es muss eigentlich nur noch unser Herausgeber einmal aufstehen, um bei dem freundlichen Lieferanten den Empfang der nächsten Ausgabe zu bestätigen. Dies ist schon angenehm und entspricht auch dem Naturell einiger Redakteure. Aber es ist doch ein wenig schade um die vielen Treffen, wo bei eher monotoner Arbeit einige unserer besseren Ideen entstanden sind
Überholt von der Technik?
„Schön, dass es Euch noch gibt!“ höre ich auf Veranstaltungen in den letzten Jahren häufiger. Dies freut einen schon, irritierend ist aber manchmal der Unterton. Und wenn man dann nachfragt, kommt garantiert der Hinweis auf das Internet, wo es doch alles „umsonst“ gibt. Und ein wenig stimmt dies sogar. Ist ein Printmedium wie FAIRPLAY also überflüssig?
Natürlich nutzen wir alle das Internet. Und dort findet man zu fast jedem Spiel Informationen, teilweise sogar Kritiken. Alles umsonst, wenn man einen Internetzugang hat. Oder präziser gesagt: Es kostet kein Geld, nur Zeit, denn es empfiehlt sich nicht, die Informationen aus dem Netz ungeprüft zu akzeptieren. Denn im Spielbereich findet man oft genug Pressetexte der Verlage (nicht selten ohne Quellenangabe), fröhliche Nacherzählungen der Spielregeln (ab und an mit offensichtlichen Verständnisproblemen), Rezensionen, bei denen irgendwie die Wertung fehlt, und manchmal liest man auch überdeutlich, dass der Rezensent unheimlich dankbar für das Rezensionsmuster ist. Natürlich arbeiten im Netz auch kompetente Kollegen, die wertungssicher und manchmal sogar unterhaltend schreiben. Doch diese Perlen muss man in dem Informationsmüll erst einmal finden. Wenn man ordentlich siebt, wird die Informationsflut des Internets doch manchmal arg dünn. Und umsonst sind diese Informationen dann auch nur, weil die eigene Freizeit nichts kostet.
Es wurde in unserer Redaktion durchaus schon diskutiert, ob man aus unserem Magazin nicht einen Internetauftritt machen sollte. Gerade die wenigen soliden Informationen im Netz waren dann ein Argument für solch eine drastische Änderung. Da wäre eine Lücke, die wir füllen könnten. Und dann gibt es natürlich noch überzeugende finanzielle Vorteile. Die erheblichen Druckkosten würden wegfallen, so dass wir FAIRPLAY im Internet für eine deutlich geringere Abogebühr anbieten könnten. Und wir könnten unsere Leser viel schneller erreichen, nicht nur alle drei Monate.
Aber besonders konkret sind diese Überlegungen nie geworden, denn wir sind schon überzeugte Macher eines Printmagazins. Wir möchten, dass die Leser unsere FAIRPLAY überall nutzen können und nicht nur vor dem Rechner, winzig klein auf dem Handydisplay oder mit dem Laptop auf den Knien. Wichtig ist uns das größtmögliche Lesevergnügen, und da ist ein gedrucktes Magazin dem Internet aus unserer Sicht deutlich überlegen. Und unsere Leser sehen dies anscheinend ähnlich, denn an das Internet haben wir bislang nicht spürbar Abonnenten verloren [und sogar noch dazu gewonnen, Anm. der Online-Redaktion].
Manche haben da allerdings ganz konkrete Zielvorstellungen: In Essen verlängerte ein Leser bei mir sein Abo und meinte, dass er ein sicherer Kunde unserer Zeitung wäre, solange er das Internet nicht genauso bequem auf dem Klo nutzen könnte. Müssen wir uns da jetzt Sorgen machen?
Das Team
Sechs Spieler aus Münster, Bielefeld und Detmold gründeten FAIRPLAY. Ein Gründungsmitglied musste aus beruflichen Gründen ziemlich schnell wieder aussteigen. Die anderen Gründungsmitglieder sind auch heute noch dabei [aktuell mischen davon nur noch Rolf Schulte und Herbert Heller mit, Anm. der Online-Redaktion]. Die ersten Jahre füllten und produzierten diese fünf Spieler das Heft. Unterstützt wurden wir nur von wenigen, häufig wechselnden, Gastautoren. Besonders hervorheben muss man natürlich Peter Neugebauer, der seit der ersten Ausgabe seine „à la carte“ – Rubrik kompetent füllt, L. U. Dikus, der unseren Lesern einen regelmäßigen Blick in die Welt der Schach-Derivate ermöglicht und Franz-Josef Schulte, der unsere Leser u.a. regelmäßig zu kniffeligen Rätseleien herausfordert.
Regelmäßig, nicht selten wöchentlich, traf sich das Gründungsteam in unseren „Redaktionsräumen“ in Bielefeld. Und nebenher hatte natürlich jeder noch private, wöchentliche Spielkreise. Rückblickend wundere ich mich schon, dass ich damals so viele freie Zeit hatte, die ich auf das Angenehmste mit Spielen füllen konnte.
Unser Redaktionsteam wuchs nur langsam. Wolfgang Friebe stieg bei der Nummer 15 zu, wenig später war auch Frank Kersten mit dabei. Und zum festen Team der FAIRPLAY-Schreiber gehörten, ungefähr ab der Ausgabe 43, auch Udo Bartsch und Harald Schrapers [die mittlerweile beide ausgeschieden sind, Anm. der Online-Redaktion].
Obwohl der Stamm unserer Schreiber so langsam größer wurde, bemerkten besonders unsere „alten“ Stammschreiber, dass berufliche und familiäre Verpflichtungen (und bei dem ein oder anderen auch ein neues, zusätzliches Hobby) nach und nach an der früher so reichlich vorhandenen Spielzeit knabberten. Es wurde manchmal schon schwierig, alle geplanten Spiele genügend oft auf den Spieltisch zu bekommen. Erschwerend kam hinzu, dass die Mitspieler, die man früher auch mit ausgiebigen Gurkentests quälen durfte, ähnliche Entwicklungen durchmachten und gar nicht mehr so unbegrenzt zur Verfügung standen. Und wenn man an jedem Spieleabend Spiele testen muss, um einen Artikel abzusichern, dann macht das Spielvergnügen auf Dauer auch weniger Spaß.
Damit diese Entwicklung kein Problem wird, haben wir uns vor einiger Zeit entschlossen, unseren Stamm fester Schreiber zu vergrößern. Und bei der Auswahl hatten wir wirklich Glück. Kathrin Nos, Arne Claussen, Dieter Niehoff und Kerstin Koch machen ihre Sache richtig gut und passen zu unserem Magazin [wobei noch Peter Nos, Arne Hoffmann, Peter Zanow und Sarah Kestering dazu gekommen sind, Anm. der Online-Redaktion]. Allerdings muss ich hier auch einen Abgang melden. Udo Bartsch schreibt in dieser Ausgabe zum letzten Mal für FAIRPLAY. Anschließend wechselt er als freier Mitarbeiter zur SPIELBOX [und ist schon lange bei der Jury, Anm. der Online-Redaktion]. Um möglichen Gerüchten sofort vorzubeugen, möchte ich hier feststellen, dass diese Trennung absolut freundschaftlich vonstattenging. Udo wollte sich mal verändern, und die SPIELBOX bot ihm die Möglichkeit. Dass Udo nun gar nicht mehr in unserem Magazin auftaucht, liegt nicht an uns, sondern an der Politik der SPIELBOX, die ihre freien Mitarbeiter exklusiv als einziges Fachmagazin präsentieren will. Über den Sinn dieser Vorschrift, die sich natürlich in erster Linie gegen FAIRPLAY richtet, will ich hier nicht diskutieren. Wenn Sie daran interessiert sind, müssen Sie mal bei Matthias Hardel nachfragen.
Das liebe Geld
Natürlich ist Geld auch bei FAIRPLAY ein wichtiger Faktor. Unsere erste Ausgabe mussten wir finanzieren und damals waren die paar hundert D-Mark, ja das waren die guten, alten Zeiten, für jeden Gründer eine Menge Geld. Aber wenn jemand damals Verlustängste hatte, unsere ersten Essener Spieltage erledigten diese Probleme. FAIRPLAY konnte ab der ersten Ausgabe durch die Verkaufserlöse finanziert werden.
In keinem Magazin wird so wenig geworben wie in FAIRPLAY. Wir wollen uns nicht von den werbenden Verlagen abhängig machen, wäre nun eine schöne Aussage. Aber dies ist nicht die ganze Wahrheit. Ausschlaggebend ist auch die Organisationsstruktur unserer Zeitung. Jeder Mitarbeiter des Magazins arbeitet freiwillig. Nur die notwendigsten Arbeiten werden von einigen Redakteuren regelmäßig – aber garantiert nur soweit wie unbedingt nötig – erledigt. Für alle darüber hinaus gehenden Arbeiten wären Freiwillige nötig und die findet man in unserem Team nicht ganz so leicht, wenn die Arbeit eher unangenehm ist. Und die Beschaffung von Werbung fällt eindeutig in diese Kategorie. Vielleicht sollte an dieser Stelle unsere Werbung stehen: Suchen beinharten Werbe-Akquisiteur.
Die Unabhängigkeit von der Werbung ist für unsere Schreiber natürlich ideal, da niemand bei seinem Urteil auf die Werbeeinnahmen Rücksicht nehmen muss. Manchmal haben wir diese „Rücksichtslosigkeit“ allerdings auch übertrieben. Da hatten wir mal einen Werbekunden, der im Innenteil ganzseitig für sein ganz tolles, neues Spiel wirbt und auf die Nachbarseite setzen wir dann, ich schwöre garantiert unabsichtlich, den ebenfalls ganz tollen Verriss dieses Titels. Der Werbekunde wollte dann merkwürdigerweise in der nächsten Ausgabe nicht mehr. Und auch momentan gibt es einen Verlag, der nur bei uns nicht wirbt. Nun, wir warten dies gelassen ab. Auf keinen Fall hat diese Zurückhaltung irgendeinen Einfluss auf die Rezensionen der Spiele dieses Verlages.
Feinde
Udo Bartsch schrieb in unserem Blog: „Die FAIRPLAY hatte immer ein paar Lieblingsfeinde. Mal die Jury, mal den Merz-Verlag, mal Ravensburger. Meistens die Jury.“
War das wirklich so? Klar, mit Friedhelm Merz waren wir selten einer Meinung. Friedhelm Merz war, aus unserer Sicht, mehr Wirtschaftsmensch als Spieler. Uns interessierte die Wirtschaftlichkeit kaum, da mussten wir zwangsläufig aneinander rasseln. Und da wir Magazine herausgaben, wurden die Dispute natürlich auch dort ausgetragen. Aber eine Feindschaft war das sicher nicht, manchmal waren diese Streitereien sogar witzig oder lehrreiche Lektionen in Streitkultur.
Ich erinnere mich noch an ein Gespräch, das Friedhelm Merz gar nicht führen wollte. Denn wir hatten aus Messebesucher- und Spielersicht die guten Argumente, während die wirtschaftliche Position eher gierig aussah. Endlich war das Gespräch terminiert und ich zog mit einem Kollegen, der damals ebenfalls ein Spielermagazin herausgab, zum Merz-Stand während der Essener Veranstaltung. Von Beginn an klatschte Friedhelm Merz uns nichts ahnende Amateure von der erhabenen Position des Wirtschaftsfachmanns ab. Ruhig und freundlich stichelte er vor sich hin, bis meinem Kollegen nach wenigen Minuten der Kragen platzte. In dieser Atmosphäre möchte er nun nicht diskutieren, erklärte uns der Pöppel-Chef zufrieden und zog von dannen. Und wir durften unsere guten Argumente einpacken und uns mal als Verlierer fühlen.
Ein anderes Mal kassierten wir wieder eine Breitseite aus der aktuellen PÖPPEL REVUE. Aber da hatten wir mal eine gute Idee und starteten blitzschnell die Werbeaktion „Leser für die Fairplay“. Für den erfolgreichsten Werber lobten wir eine wunderschöne Ziehharmonika aus, die wir kurzerhand auf dem Flohmarkt erstanden hatten. Wir hatten viel Freude bei der Formulierung des Gratulationsschreibens an den Gewinner, der zu unserer großen Überraschung Friedhelm Merz hieß. In dem Schreiben baten wir auch um ein Bild, das den frischen Musikanten bei der Hausmusik im Kreise seiner Lieben zeigt. Das haben wir leider nie bekommen.
Unser nationaler Marktführer Ravensburger hinkt aus unserer Sicht viel zu oft hinter der Konkurrenz her, wenn es um Spielqualität geht. Es ist leider traurige Realität, dass wir oft in Nürnberg den Ravensburger-Stand verlassen und kein Spiel gesehen haben, dass länger anhaltenden Spielspaß verspricht. Diesen Umstand haben wir häufiger kritisiert, aber aus meiner Sicht niemals feindselig. Immerhin gelingt den Herren der blauen Ecke ab und an doch mal ein attraktives Spiel und außerdem gehört zu dem Verlag ja auch noch alea, ein Garant für überzeugende Spiele.
Da trifft andere Verlage, die ich hier nun nicht aufzählen will, unsere Kritik doch deutlich härter. Nach einer wohlverdienten Kritik besuchte ich mal den Stand eines dieser Kandidaten in Essen. „Sie sind ein böser Mensch! Sie haben eine schwarze Seele!“ lautete die überraschende Begrüßung. Dies ist schon Jahre her, aber an diese originelle Begrüßung erinnere ich mich noch mit Vergnügen.
Unser Verhältnis zur Jury „Spiel des Jahres“ war anfangs auch sehr entspannt. Wir bewunderten die Leistungen dieses Gremiums für unser Hobby und die Juroren mochten anscheinend auch unser Magazin. In einer unserer ersten Ausgaben hat ein Jury-Mitglied alle ausgewählten Spiele in unserem Heft vorgestellt und der Sprecher der Jury war sogar mal in Bielefeld, um mit uns zu spielen. Aber wie Sie alle wissen, sind die Entscheidungen der Jury manchmal durchaus diskutabel und wir diskutierten. Manchmal ernst, manchmal nutzten wir satirische oder komische Elemente. Diese Berichterstattung kam bei unseren Lesern gut an, sofern sie nicht gleichzeitig in der Jury saßen. Da reagierten doch einige Herren eher empfindlich. Kritik an den Entscheidungen der Jury war wohl anscheinend ein neues Element in unserer kleinen, gemütlichen Spieleszene.
Trotzdem war das Verhältnis noch genügend gut, dass unser Redakteur Andreas Mutschke irgendwann Mitglied der Jury wurde. Ob da einige Juroren gehofft hatten, durch diese Wahl auch die manchmal renitente FAIRPLAY ein wenig mehr auf Kurs zu bringen? Ich weiß es nicht, aber wenn es diese Hoffnungen gab, dann wurden sie nicht erfüllt. Und unser armer Kollege Andreas musste sich nicht selten für eine unserer „Verfehlungen“ im Kreise seiner Juroren verantworten. Auch kein schöner Job.
Das Verhältnis wurde leicht frostig und noch ein wenig eisiger, als wir ausführlich über die Hintergründe berichteten, die zum Austritt der Juroren Knopf, Mutschke und Ruschitzka führten. Aber was hatten wir eigentlich falsch gemacht. Wir hatten nur unabhängig und ehrlich berichtet. Das darf jeder Leser von seinem Magazin erwarten.
Für einen Tiefpunkt der Eiszeit müssen wir allerdings die volle Verantwortung übernehmen. Da trudelte bei uns ein Brief herein, in dem die Jury massiv, und teilweise deutlich unter der Gürtellinie, kritisiert wird. Auf unserer Redaktionskonferenz sorgt dieser Brief für allgemeine Erheiterung und auf die Frage „Kommt der ins Heft?“ rief die Runde erst einmal „Sicher!“. Etwas ernster stellen wir anschließend allerdings fest, dass es so nicht geht. Wir müssten die Beleidigungen unkenntlich machen ebenso wie den Namen des Autors. Und was bringt uns eine Veröffentlichung? Der allgemeine Konsens nach kurzer Diskussion: Wir haben gelacht und das war´s.
Und dann rächte es sich, dass man das Eintippen der „Kurz Berichtet“ Meldungen und Leserbriefe nicht selbst erledigt und dann auch noch bei der Endkontrolle mächtig schludert. Der Leserbrief war zu unserer großen Überraschung im Heft, da wir ihn nicht vernichtet, sondern zurück in das Fach mit den „Kurz Berichtet“ – Meldungen gelegt hatten. Eine absolut peinliche Panne. Da war eine fette Entschuldigung in Richtung der Jury fällig.
Allerdings reagierten einige Juroren deutlich schneller und setzten dem armen Schreiber des Leserbriefes, der in der lokalen Presse seiner Heimatstadt Spielekritiken veröffentlichte und den Leserbrief mittlerweile absolut bedauerte, ziemlich zu. Diese Art des Gegenschlages fanden wir nun auch nicht akzeptabel. Als wir dann noch hörten, dass eine persönliche Entschuldigung des Leserbriefschreibers von einem Juror zurückgewiesen wurde, landete unsere Entschuldigung dort, wo schon der Leserbrief hingehört hätte: Im Papierkorb.
FAIRPLAY merkte wenig von den Maßnahmen einiger Juroren. Einige Verlage reagierten sehr zurückhaltend, wenn es um Werbung in unserem freundlichen Magazin ging. Ich glaube, ein Verlag hält diese Zurückhaltung bis heute durch. Damit konnten und können wir leben. Immerhin gab es auch eine ganz lustige Auswirkung: Manche Juroren versuchten um jeden Preis einen Kontakt mit uns zu vermeiden. Wenn man sich mal auf einem schmalen Gang in einer Messehalle entgegen kam, konnte man deutlich sehen, wie rechts und links nach Ausweichrouten gesucht wurde. Ob da wohl befürchtet wurde, dass wir laut aus dem Brief zitieren?
Mittlerweile hat sich unser Verhältnis zur Jury durchaus normalisiert. Es wäre nett, wenn es so bliebe, auch wenn die Arbeit der Jury, wie zum Beispiel in diesem Jahr [prämiert wurde ZOOLORETTO, Anm. der Online-Redaktion], immer wieder reichlich Anlass zur Kritik bietet.
Richtig Ärger bekamen wir in den 20 Jahren eigentlich nur einmal. Da gab es einen Mann namens Bernd Becker, der wollte 1989 ein Magazin mit dem Titel „Spielhimmel“ starten. Nicht so ein kleines Ding mit popeligen Auflagenzahlen wie die vorhandenen Blätter. Der „Spielhimmel“ sollte richtig fett werden. Leider fehlte dem Mann die Redaktion, die ihm den passenden Inhalt lieferte. Also fragte Bernd Becker bei uns an, ob er veröffentlichte Fairplay-Artikel nicht in seinem Magazin noch einmal drucken könnte. Denn bei der großen Auflage fielen die paar Fairplay-Leser, die die Texte ja nun schon kannten, nicht ins Gewicht. Er wollte für die Artikel auch zahlen, was wir für eine prima Idee hielten.
Zu unserer großen Überraschung, denn eigentlich hielten wir so ein auflagestarkes Magazin für nicht realisierbar, erschien dann tatsächlich die erste Ausgabe des Spielhimmels mit einigen Fairplay-Texten. Der vereinbarte Hinweis auf die Quelle dieser Texte fehlte, was wir nicht wirklich komisch fanden. Für richtig Ärger sorgte dann ein Blick ins Impressum, denn dort fanden wir die komplette Fairplay-Redaktion in der Rubrik: „Redaktion und ständige Mitarbeiter“. Mit Hinweis auf unsere überaus klagewillige Rechtsabteilung, immerhin kannten wir einige Rechtsanwälte, beendeten wir diese merkwürdige Zusammenarbeit. Der „Spielehimmel“ erwies sich wenig später als der erwartete Rohrkrepierer.
Die Zukunft
Dies ist der Punkt zu dem ich am wenigsten schreiben kann. Dies liegt aber nicht daran, dass FAIRPLAY keine Zukunft hat. Es hat einfach bei FAIRPLAY nie eine Zukunftsplanung gegeben. Wir machen vier Ausgaben im Jahr und ich denke wir werden dies auch noch einige Zeit machen. Persönlich fände ich es schön, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen es zuließen, das Magazin vierfarbig zu produzieren. Auf Dauer wäre es auch begrüßenswert, wenn wir noch einige spritzige Autoren mit Sachverstand für unser Team finden könnten. Schaun mer mal.
Herbert Heller